StartNewsAlternative zu Präsenz-Universität: Bekannte Informatiker gründen gemeinnützige "German University of Digital Science"

Alternative zu Präsenz-Universität: Bekannte Informatiker gründen gemeinnützige „German University of Digital Science“

In Deutschland soll in diesem Oktober eine vollständig digital arbeitende Universität ihre Arbeit aufnehmen, die Fachleute für den digitalen Wandel in aller Welt ausbildet. Das ist der Kern eines Konzeptes, das am 11. Januar 2024 von den bekannten Informatikprofessoren Mike Friedrichsen (63) und Christoph Meinel (69) vorgestellt wurde.

Es ist kein Zufall, dass das Konzept an die openHPI-Plattform des Hasso-Plattner-Instituts (HPI) erinnert. Meinel ist der frühere Direktor des HPI in Potsdam und war im März 2023 als HPI-Geschäftsführer ausgeschieden. Sein Gründungspartner Friedrichsen (63) scheidet im Februar 2024 als Professor für Wirtschaftsinformatik und digitale Medien aus der Stuttgarter Hochschule der Medien (hdm) aus. Er hatte in Stuttgart 25 Jahre lang geforscht und gelehrt.

Meinel und Friedrichsen haben als Initiatoren einer solchen Digital-Universität ihren Zulassungsantrag bei der Landesregierung Brandenburgs eingereicht. Standort der privaten und gemeinnützigen Hochschule „German University of Digital Science“ (German UDS) ist die Medienstadt Babelsberg in Potsdam. Das Wissenschaftsministerium des Landes Brandenburg prüfe derzeit das Konzept. Es sei zu erwarten, dass sich in Kürze dann der Wissenschaftsrat mit dem Projekt befasse, so die beiden Professoren.

Sie kündigten an, den englischsprachigen Online-Lehrbetrieb der Digital-Universität mit einer Lernplattform-Technologie zu realisieren. Diese soll viele Interaktionen mit Lernenden in aller Welt ohne Verzögerungen oder Ausfälle verarbeiten können. Die beiden Universitätsgründer setzen die Technologie bereits ein, wenn sie noch im Januar die öffentlich zugängliche Lernplattform https://German-UDS.academy starten.

Ab Januar 2024 wird erster Eindruck vom Lehrangebot vermittelt

„An unserem Projekt mitwirkende Professoren und weitere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler produzieren dafür bereits erste Zweiwochen-Kurse. Sie richten sich an alle, die den digitalen Wandel mitgestalten möchten und sich sicher und selbstbestimmt in der digitalen Welt bewegen wollen“, erklärte Meinel. „Mit den ersten Onlinekursen der entstehenden German UDS demonstrieren wir, dass wir nicht bloß reden, sondern auch umsetzen“, sagte Friedrichsen. Bereits jetzt kann sich jede und jeder Interessierte auf der Plattform registrieren. Deren erste Kurse werden die Themen Digital Science, Artificial Intelligence (AI), Digital Identities, Digital Privacy und Coding behandeln. Auch ein Kurs zur Innovationsmethode Design Thinking ist in Vorbereitung.

Beitrag zum Abbau des weltweiten Mangels an IT-Fachkräften

Noch in diesem Januar soll dann die Webseite https://german-uds.de weitere detaillierte Informationen über Meinels und Friedrichsens Projekt Digital-Universität bieten. Es zielt darauf, den gravierenden weltweiten Mangel an IT-Fachkräften zu mindern, durch den in vielen Ländern die Digitalisierung ins Stocken gerät. „Allein in Deutschland können derzeit fast 150.000 Stellen nicht mit IT-Expertinnen und -Experten besetzt werden“, sagte Meinel und verwies dabei auf aktuelle Erkenntnisse des Digitalverbands Bitkom.

Quelle: Bitkom

Künstliche Intelligenz allein werde nicht helfen, die Fachkräfte-Lücke zu schließen, betont Friedrichsen: «Die künftigen Problemlöser und Gestalter der Digitalisierung benötigen hochqualitatives Wissen. Das will die German UDS ihnen künftig online vermitteln, egal wo auf der Welt sie leben und arbeiten».

Unterstützung von internationalem Beirat und zwei Ex-Wissenschaftsministerinnen

Nach Angaben der Initiatoren wird das Projekt einer privaten Digital-Universität von einem internationalen Beirat aus Wissenschaftlern unterstützt. Zu dem achtköpfigen Beratungsgremium gehören neben Fachleuten der Universitäten Stanford (USA), Monterrey (Mexiko), Madrid (Spanien) und Cape Town (Südafrika) u.a. auch die Professorinnen und ehemaligen Wissenschaftsministerinnen Johanna Wanka und Sabine Kunst.

Die beiden Initiatoren der German UDS bringen jeweils jahrzehntelange Erfahrungen im Bereich der Digitalwissenschaften mit. Meinel war bis März 2023 Direktor des Potsdamer HPI. Friedrichsen scheidet im Februar 2024 als Professor für Wirtschaftsinformatik und digitale Medien aus der Stuttgart Media University aus.

Zunächst drei kostenpflichtige Studiengänge in Englisch

„Die Digital-Universität soll sich mit zunächst drei englischsprachigen Online-Studiengängen vornehmlich an Menschen im globalen Süden und anderswo richten, die keine Möglichkeit für ein Präsenz-Studium an einer Universität haben, da die familiäre Situation oder die berufliche Lage dies bzw. auch einen Ortswechsel nicht zulassen“, beschreibt Meinel die Zielgruppen-Orientierung. Nach seinen Worten werden für die virtuell an der German UDS Studierenden „moderate und erschwingliche Gebühren“ anfallen, um die Abschlüsse Bachelor und Master of Science sowie Master of Business Administration (MBA) zu erlangen.

7500 Euro sollen die Inhalte eines Studienjahres kosten und können bei Bedarf gestreckt werden. Ein einjähriger Master of Business Administration-Studiengang (MBA) koste in Großbritannien umgerechnet 20.000 Euro, in den USA 40.000 Euro, rechnen die Gründer vor. Die Teilnahmegebühren wachsender Studierendenzahlen sollen innerhalb der kommenden drei bis fünf Jahre für finanzielle Stabilität sorgen.

Die German UDS wolle als „Leuchtturm der digitalen Bildungslandschaft“ den weltweiten Zugang zu digitaler Bildung demokratisieren und hochwertiges, innovatives Wissen vermitteln, das überall für die Bewältigung der digitalen Transformation notwendig sei und den Mangel an IT-Fachkräften lindern helfe. „Gleichzeitig soll die künftige Digital-Uni auch einen aktiven Beitrag leisten für die Sicherstellung von Freiheit, Gleichheit, Selbstbestimmung, Toleranz und Rechtsstaatlichkeit in der digitalen Welt“, betonte Friedrichsen.

Gemeinnützige Trägergesellschaft ist bereits aktiv

Friedrichsen und Meinel haben für die Realisierung ihres Projekts eine Stiftung gegründet, die Gesellschafterin der gemeinnützigen Trägergesellschaft „German University of Digital Science gGmbH“ ist. Diese residiert im so genannten „CloudHouse“, dem Hauptquartier der German UDS, in der Potsdamer Medienstadt Babelsberg. Sie stellt die Anschubfinanzierung der Digital-Universität bereit und ist Trägerin aller ihrer Rechte und Pflichten. Ein Telekommunikationsunternehmen hat sich nach Angaben von Meinel an der Infrastruktur beteiligt. Mit namhaften Unternehmen der Mobilitätsbranche werde derzeit gesprochen. Zukünftig sollen Unternehmen als Gesellschafter gewonnen werden oder Stiftungsprofessuren finanzieren. „Unser Finanzplan hilft uns, ohne Großinvestor zurechtzukommen, weil wir mit Unternehmen und Stiftungen zusammenarbeiten“, sagte Meinel.

Positive Reaktionen von HPI, Uni Potsdam und Ministerium

Meinels ehemaliger Arbeitgeber, das HPI reagierte positiv auf die Ankündigung: „Wir wünschen Prof. Meinel viel Glück für den Start der UDS. Der Fachkräftemangel im IT-Bereich ist eine große Herausforderung und betrifft die ganze Gesellschaft. Deshalb sind alle aufgefordert, sich des Problems anzunehmen“, erklärte HPI-Sprecher Leon Stebe.

Oliver Günther, Präsident der Universität Potsdam, sagte: „Wir freuen uns über die Ergänzung der Brandenburger Wissenslandschaft in diesem gesellschaftlich so wichtigen Bereich. Mit über 60 einschlägigen Professuren ist die Universität Potsdam hier ja ebenfalls stark engagiert und wir sind zuversichtlich, dass sich hieraus zahlreiche fruchtbare Kooperationen ergeben werden.“

Das brandenburgische Wissenschaftsministerium teilte mit: „Wir freuen uns, dass Prof. Christoph Meinel, der so lange erfolgreich das Hasso-Plattner-Institut geführt hat, auch nach seinem Ausscheiden weiterhin auf den Wissenschaftsstandort Brandenburg setzt. Ohne der Prüfung vorgreifen zu wollen, klingt das nach einem spannenden Projekt.“

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